Medienberichten zufolge hat Christian Constantin die Fussballspieler des FC Sion fristlos entlassen. Als Grund wurde angeführt, dass die Spieler eine Vereinbarung, wonach sie damit einverstanden seien, dass für sie die Kurzarbeit beantragt wird, nicht akzeptiert hatten. Unter Hinweis auf die andauernde Corona-Krise als höhere Gewalt erklärte der FC Sion sodann die fristlosen Entlassungen. Auch wenn Christian Constantin aufgrund seiner eigenwilliger Entscheidungen bekannt ist, hat er hiermit eine Rechtsfrage aufgeworfen, welche für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnisse relevant sein könnte, nämlich ob eine fristlose Kündigung aufgrund des Lock-down im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Corona-Virus’ zulässig ist.
Die fristlose Kündigung ist in Art. 337 OR geregelt. Demnach kann sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen jederzeit fristlos auflösen. Als wichtiger Grund gilt namentlich jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf. Meistens besteht der wichtige Grund in einer (schweren) Vertragsverletzung durch die entlassene Partei. Dies ist jedoch nicht zwingend vorausgesetzt. Eine sofortige Vertragsauflösung kann sich auch wegen eines Vorfalls rechtfertigen, in dem keine Vertragsverletzung liegt. Erforderlich ist jedoch, dass damit bei der Vertragsbegründung nicht zu rechnen war und dadurch eine untragbare Situation ersteht, bei der dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum nächsten Kündigungstermin nach den konkreten Umständen objektiv nicht mehr zumutbar erscheint. Bloss schlechter Geschäftsgang und weitere Umstände, deren Eintritt zu den jedem wirtschaftlichen Unternehmen inhärenten Risiken gehört, fallen ausser Betracht. Es soll damit das Betriebsrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden.
Über das Vorhandensein von Umständen, welche eine fristlose Kündigung rechtfertigen, entscheidet der Richter nach seinem Ermessen. Er wird sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die vorliegende Corona-Krise in das durch den Arbeitgeber zu tragende Betriebsrisiko fällt oder nicht. Bei Autoren in der juristischen Literatur besteht in Bezug auf das Thema Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers z.T. die Meinung, dass bei Seuchengefahr, politischen Unruhen oder Naturkatastrophen der Arbeitnehmer das Lohnrisiko zu tragen hat und den Arbeitgeber entsprechend keine Lohnfortzahlungspflicht trifft. Seuche wird im «DUDEN» als sich schnell ausbreitende, gefährliche Infektionskrankheit bezeichnet. Das Corona-Virus könnte unter diese Definition fallen. Die soeben ausgeführte Meinung in Bezug auf die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers analog auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine fristlose Entlassung übertragen würde bedeuten, die Seuchengefahr nicht unter das unternehmerische Risiko fällt, welches vom Arbeitgeber zu tragen ist. Infolgedessen wäre in solchen Fällen eine fristlose Kündigung u.U. zulässig, wobei dies, wie bereits gesagt, im Ermessen des Richters liegt. Der Arbeitgeber, der einem Arbeitnehmer fristlos kündigt, geht freilich ein nicht zu vernachlässigendes Risiko ein, dem Arbeitnehmer den Lohn für die ordentliche Kündigungsfrist sowie eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen zahlen zu müssen, falls die Corona-Krise mit dem damit verbundenen Lock-down als Teil des vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisikos angesehen würde.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwiefern eine fristlose Entlassung mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers vereinbaren liesse und ob es mildere Massnahmen gäbe in dem Sinne, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zwar den Lohn nicht bezahlt, aber diesen nicht gleich fristlos entlässt.
Es lohnt sich in jedem Fall einen Rechtsanwalt beizuziehen.